AHV-Abbau: 2xNEIN zu AHV 21

Argumentarium

Gute Gründe
für ein Nein zu AHV 21

Mit AHV 21 wird einseitig auf Kosten der Frauen gespart. Obwohl Frauen bereits heute um einen Drittel tiefere Altersrenten erhalten, weil sie weniger verdienen und mehr unbezahlte Arbeit übernehmen. Trotzdem sollen ihre Renten im nächsten Jahrzehnt um 7 Milliarden Franken gekürzt werden. Damit verlieren die Frauen in Zukunft rund 26’000 Franken Einkommen. Ehepaare sind auch betroffen. Und das ist nur der erste Schritt: Rentenalter 67 für alle steht schon auf dem Programm. Um unsere Renten und unsere wichtigste Sozialversicherung zu schützen, braucht es ein NEIN zu AHV 21.

Einseitige Kürzung der Frauenrenten

Rentenalter 67 für alle?

Die Realität auf dem Arbeitsmarkt für Ältere

Alle sollen mehr bezahlen

Faktencheck: Die Argumente der Rentensenker

Einseitige Rentenkürzung für die Frauen

Frauen erhalten heute ein Drittel weniger Rente als Männer. Dabei können sie sich nur auf die AHV verlassen. Die Pensionskasse dient vielen – und ganz besonders jener Generation Frauen, die in den nächsten Jahren in Rente geht – nur als magere Ergänzung. Noch immer erhält fast ein Drittel der Frauen gar keine Rente aus der 2. Säule. Sofern sie eine Pensionskasse haben, ist sie nur etwa halb so hoch wie die PK-Rente der Männer. In typischen Frauenbranchen sind PK-Renten zwischen 500 und 800 Franken pro Monat üblich; das reicht nicht zum Leben.

Grafik, die die Rentenlücke aufzeigt: Männer erhalten im Schnitt 4'396.25 Franken Rente im Monat, Frauen nur 2'764 Franken - einen Drittel weniger!
Quelle: Bundesamt für Sozialversicherungen

Die bittere Rentenlücke der Frauen zeigt die ungleiche Verteilung der Erwerbschancen zwischen den Geschlechtern. Denn Frauen übernehmen mehrheitlich Arbeiten in anstrengenden – aber schlechter bezahlten – Berufen wie der Reinigung und dem Verkauf, der Betreuung, der Gesundheit und der Pflege. Und es sind hauptsächlich Frauen, welche sich um Kinder, Enkelkinder, die alternden (Schwieger-)Eltern und kranke Angehörige kümmern. Die Folgen sind Teilzeitpensen – vier von fünf Frauen mit Kindern arbeiten heute Teilzeit – und tiefere Einkommen. Insgesamt ist ihr Einkommen ganze 33 Prozent tiefer als jenes der Männer. Obwohl sie unbezahlte und bezahlte Arbeit zusammengezählt gleich viele Stunden arbeiten.

Konsequenz: Die Arbeit vieler Frauen führt heute zu unwürdig tiefen Renten. Trotzdem sollen ausgerechnet die Frauen für AHV 21 bezahlen. Damit verlieren die Frauen in Zukunft ein Jahr AHV-Rente – gemessen am Medianeinkommen bedeutet das rund 26’000 Franken Einkommensverlust. Und auch die Rentensituation von Ehepaaren wird sich mit der Reform verschlechtern – obwohl ihre Renten heute schon plafoniert.

Nein zu Rentenalter 67 für alle

Bei einem Ja zu AHV 21 kommt spätestens 2026 der nächste Abbauschritt. Das Parlament hat beschlossen, dass der Bundesrat bis dann eine nächste Reform vorlegen muss in welcher «strukturelle Fragen» angepackt werden. Das heisst nichts anderes als: Rentenalter rauf, und zwar für alle. Bereits im Parlament ist die Renteninitiative. Sie fordert nicht nur eine generelle Erhöhung des Rentenalters, sondern auch eine Verknüpfung desselben an die Lebenserwartung – was das Rentenalter auf 67 und später noch höher steigen lassen würde. Und auch in der BVG-Reform droht ein Abbau-Massaker, damit wir mehr bezahlen für weniger Rente. Damit wird klar: AHV 21 spielt die erste Geige im Rentenabbau-Konzert. Nur ein klares Zeichen gegen Rentenabbau wird dies stoppen.

Wer geht früher in Pension? BVG-Rentenhöhen bei Renteneintritt mit 60 Jahren
und im regulären Rentenalter im Vergleich. Quelle: BSV, Neurentenstatistik 2020

Bereits mit AHV 21 wird es ausserdem teurer und komplizierter, sich vorzeitig pensionieren zu lassen. Das Parlament will, dass man erst mit 63 Jahren die AHV-Rente beziehen kann. Anstatt mit 62 Jahren, wie dies seit über 20 Jahren versprochen wurde.

Damit bleibt die vorzeitige Pensionierung ein Privileg der Reichen. Denn obwohl Frühpensionierte aufgrund ihrer vorzeitigen Pensionierung die Rente lebenslänglich gekürzt wird, zeigen die Zahlen eindeutig: ihre Rente ist viel höher als die Rente derjenigen, die bis zum regulären Rentenalter arbeiten müssen. Heute ist klar: Nur TopverdienerInnen brauchen keine AHV für eine Frühpensionierung.

Die Realität auf dem Arbeitsmarkt

Heute stehen viel mehr 55- bis 64-Jährige im Erwerbsleben als früher. Die Zahl der Frühpensionierungen ging in den letzten Jahren spürbar zurück, auch weil die Pensionskassen sie immer seltener anbieten.

Quelle: Seco, Amstat

Doch ein Jahr vor dem aktuell geltenden Rentenalter sind nur noch knapp die Hälfte der Männer und Frauen erwerbstätig. Und die Erwerbslosigkeit der älteren Arbeitnehmenden stieg drastisch. Die Lage hat sich vor allem bei den 60- bis 64-Jährigen verschlimmert: heute sind sie die Altersgruppe mit der höchsten Arbeitslosenquote – das ist völlig neu.

Auffällig ist zudem, dass die Arbeitslosigkeit bei den «Älteren» langsamer sinkt als bei den übrigen Altersgruppen. Auf dem Arbeitsmarkt sind ihre Perspektiven schlecht. Denn nur wenige Arbeitgeber geben älteren Arbeitsuchenden eine Chance. Sie haben grössere Mühe, wieder eine Stelle zu finden, wenn sie arbeitslos sind. Unabhängig von ihren Qualifikationen oder ihren Lohnvorstellungen.

Gerade in der Gastronomie, im Gesundheits- und Sozialwesen sowie im Detailhandel hat die Zahl der älteren, arbeitslosen Frauen stark zugenommen – trotz den häufigen Klagen dieser Arbeitgeber über Arbeitskräftemangel. Damit droht was bereits in anderen Ländern beobachtet werden konnte: die Erhöhung des Rentenalters (AHV 21) wird mehr Personen in die Langzeitarbeitslosigkeit oder in die Sozialhilfe treiben.

Mehr bezahlen – weniger Rente?

Die Realeinkommen und die Kaufkraft in der Schweiz drohen zu sinken. Denn erstmals seit 2008 steigen die Konsumentenpreise wieder. Für das gesamte Jahr 2022 wird eine Teuerung von 2.7 Prozent erwartet. Zusätzlich droht bei den Krankenkassen ein Prämienschock von bis zu 10 Prozent. Mit den derzeitigen Rahmenbedingungen hätten Berufstätige mit einem mittleren Lohn ohne Teuerungsausgleich künftig real 1600 Franken weniger Einkommen pro Jahr. Für Paare mit Kindern, wo beide Elternteile berufstätig sind, droht eine Real-Lohneinbusse von 2200 Franken.

In diesem schon angespannten Kontext will das Parlament mit AHV 21 die Mehrwertsteuer erhöhen. Diese Zusatzfinanzierung tritt nur in Kraft, wenn das Frauenrentenalter erhöht wird. Das heisst: wir alle sollen mehr bezahlen – für eine AHV-Kürzung! In einem Land, in dem Unternehmen rekordhohe Profite schreiben, gibt es bessere Möglichkeiten, um gute AHV-Renten für alle zu finanzieren.

Mit der kürzlich lancierten SNB-Initiative liegt eine weitere Finanzierungs­möglichkeit für die AHV auf dem Tisch. Bereits die Gewinne aus den Negativzinsen, welche die Nationalbank in den letzten sieben Jahren erzielt hat, würden reichen um die AHV für die nächsten 10 Jahre zu finanzieren. Ihr Vermögen wäre im Jahr 2032 dann trotz demografischer Alterung sogar höher als heute. Ohne dabei das Portemonnaie der Bevölkerung zu belasten.

Faktencheck!
Was die Treiber von AHV 21 behaupten und was wirklich stimmt.

Behauptet wird:
«Der AHV geht es wegen der Demografie finanziell schlecht»

Falsch!
Wahr ist: Die AHV ist solide und verlässlich

Milliardendefizite in der AHV prognostizierte der Bund in den 2000er-Jahren. Die Angstszenarien haben sich bisher nicht bewahrheitet. Die AHV schloss sogar die schwierigen Corona-Jahre 2021 mit einem Plus von rund zwei Milliarden Franken ab. Sie hat heute ein Vermögen von fast 50 Milliarden Franken und dieses wird in den nächsten 6 Jahren sogar noch zunehmen.

Warum geht es der AHV besser als immer wieder gesagt wird? Dafür gibt es drei Erklärungen: Fehler in den Prognosen, wirtschaftliche Eigeninteressen der Prognostiker und die Bereitschaft von Politikerinnen und Politikern, die Probleme der AHV zu lösen, wenn es nötig ist. Zwischen 1975-2020 kam die AHV ohne Erhöhung der Lohnbeiträge aus – obwohl sich die Zahl der RentnerInnen im gleichen Zeitraum mehr als verdoppelt hat. Dies ist möglich, weil wir nicht nur älter, sondern auch produktiver werden. Heute erarbeitet eine Beschäftigte pro Stunde durchschnittlich dreimal mehr als 1948. Aufgrund der massiven Zunahme der Erwerbstätigkeit der Frauen ist der Anteil Erwerbstätiger an der Gesamtbevölkerung in den letzten 70 Jahren ausserdem konstant geblieben.

Grafik, die zeigt, dass zwar die Zahl der Personen im Erwerbsalter pro RentnerIn sinkt, aber die Produktivität pro ArbeiterIn massiv gestiegen ist. Das wird bei AHV 21 gern vergessen.
Quellen: Altersquotient: BFS; Produktivität: Eig. Berechnungen mit Daten von SECO, HSSO, BFS, Siegenthaler (2013)

Wer profitiert von der Schwarzmalerei?

Die Grossbanken oder die Versicherungen haben rein geschäftlich ein grosses Interesse an rabenschwarzen AHV-Prognosen. Weil sich dann mehr Personen überlegen, selber mehr für das Alter zu sparen und das Geld bei ihnen anzulegen. U.a. mit 3. Säule-Produkten. Damit können sie Geschäfte machen. Mit der AHV verdienen sie nichts. In den Kundenwerbeprospekten klingt das dann ungefähr so: “Die Altersvorsorge in der Schweiz befindet sich in einer Schieflage. … Eigeninitiative [ist] momentan der einzig gangbare Weg” (Publikation auf der CS-Website vom 20. Mai 2019).

Um dies noch zu fördern, wollen die Bürgerlichen die Steuerabzüge für die 3. Säule verdoppeln. Der Nationalrat hat dem schon zugestimmt. Das würde beim Staat jährlich etwa gleich hohe Steuerausfälle bedeuten, wie die in AHV 21 vorgesehenen Einsparungen kosten. Obwohl es sich heute nur 13 Prozent der Bevölkerung leisten können, die heute geltenden Maximalbeträge in die dritte Säule einzahlen zu können. Es wäre die dritte Ausbauvorlage der 3. Säule in den letzten drei Jahren. Das zeigt deutlich: beim Angriff auf die AHV geht es nicht um ihre finanzielle Sicherheit – sondern um die Gewinnmöglichkeiten der Banken.

Gerade für die Jungen funktioniert die AHV:

Gäbe es keine AHV, müssten Familien 400’000 Franken mehr bezahlen, um sich eine gleich hohe Rente privat anzusparen. Die Rechnung ist einfach: Für 92 % der Arbeitnehmenden lohnt sich eine starke AHV, nur die 8 % der Topverdienenden bezahlen mehr als sie erhalten.

Behauptet wird:
«Gleiches Rentenalter ist Gleichstellung»

Falsch!
Wahr ist: Das ist weder die Motivation noch der Effekt von AHV 21!

Echte Gleichstellung bedeutet gleich hohe Löhne und gleich hohe Renten. Tiefere Löhne, Teilzeit und unbezahlte Arbeit führen heute aber zu einer skandalös schlechten Rentensituation der Frauen. Faktisch sind Frauen immer noch von den Männern abhängig, ansonsten reichen ihre tiefen Renten nicht zum Leben. Mit AHV 21 wird keines dieser Gleichstellungsprobleme gelöst. Im Gegenteil, die Erhöhung des Rentenalters führt bei den Frauen zu einer weiteren Rentenkürzung. 

Behauptet wird:
«BVG-Reform löst Rentenlücke»

Falsch!
Wahr ist: Viele Frauen können sich nur auf die AHV verlassen – und nur in der AHV können wir die Rentenlücke rasch verringern.

Die grosse Rentenlücke klafft in der 2. Säule. Während die Lücke in der AHV 3 Prozent beträgt, beläuft sie sich in den Pensionskassen auf ganze 63 Prozent. Denn nach dem ersten Frauenstreik 1991 wurden für sie entscheidende Gleichstellungsmassnahmen in die AHV eingeführt. Sie verringern den Lohn- und Rentenrückstand und führen dazu, dass die AHV-Renten von Frauen und Männern heute ungefähr gleich hoch sind. Trotzdem muss das Problem der Rentenlücke in der AHV gelöst werden – es reicht nicht, nur in der 2. Säule anzusetzen. Denn fast ein Drittel der erwerbstätigen Frauen ist gar nicht in einer Pensionskasse versichert. Und in der 2. Säule vergeht viel Zeit, bis eine Massnahme zu höheren Renten führt. Ohne Solidaritätsmechanismus müssten selbst jene Frauen, die eine Pensionskasse haben, zuerst viele Jahre mehr einzahlen, bis sie ein höheres Alterskapital und somit eine höhere Rente haben. Das dauert gut 15 bis 20 Jahre und ist gerade für Frauen mit tiefen Löhnen kaum bezahlbar. 

Behauptet wird:
«Dank Übergangs­mass­nahmen ist die Erhöhung verkraftbar»

Falsch!
Wahr ist: Die sogenannten Kompensationen sind historisch mickrig – der Hälfte der Frauen droht eine Verschlechterung.

Die Kompensationsmassnahmen sind so mickrig, dass der Hälfte jener Frauen, die kurz vor der Rente stehen, mit AHV 21 umgehend eine Rentenverschlechterung droht. Erwerbstätige Frauen sind besonders betroffen. Für die finanzielle Stabilisierung der AHV ist die Massnahme letztlich wenig relevant. Aber obwohl sie bereits sehr wenig haben, sollen die Frauen im nächsten Jahrzehnt fast 70 Prozent zur Stabilisierung der AHV beitragen. Auch ein historischer Vergleich zeigt, wie tief die vorgeschlagenen Kompensationen sind. Nur in der an der Urne mit 67.9 Prozent Nein-Stimmen gescheiterten 11. AHV-Revision waren noch niedrigere Kompensationen vorgesehen als im jetzigen Bundesratsvorschlag. Die Erhöhung des Frauenrentenalters war an der Urne nur ein einziges Mal mehrheitsfähig. Damals wurden dauerhafte Gleichstellungsmassnahmen für die Frauen eingeführt – und die Kompensationen betrugen insgesamt über 80 Prozent. AHV 21 erhält nur dauerhafte Verschlechterungen – und etwa 32 Prozent Kompensationen für einige wenige Frauen.

Behauptet wird:
«Die Erhöhung des Rentenalters ist ein Gebot der Generationen­solidarität»

Falsch!
Wahr ist: Grosseltern sind die verkannte Stütze der Gesellschaft – Rentenalter­erhöhungen verschieben die Lasten von der AHV auf junge Familien.

Jedes dritte Kind unter 13 Jahren wird in der Schweiz durch die Grosseltern betreut. Sie übernehmen jährlich 160 Millionen Stunden Kinderbetreuung und leisten damit Gratisarbeit im Wert von rund 8 Milliarden Franken – Kosten, die Eltern und die öffentliche Hand einsparen, während Wirtschaft und Gesellschaft massiv davon profitieren. Die Grossmütter übernehmen dabei mehr als doppelt so viel Zeit wie die Grossväter, insbesondere bei kleinen Enkelkindern übernehmen sie den Hauptanteil. Ein Teil der Grosseltern kürzt das Erwerbspensum, um auf ihre Enkel aufzupassen. Andere lassen sich (frühzeitig) pensionieren, um ihren Kindern die Erwerbsarbeit zu ermöglichen. Doch wenn nur 10 Prozent der gesamten Betreuungsstunden durch die in AHV 21 vorgesehene Erhöhung des Frauenrentenalters in familienergänzenden Kinderbetreuungsstrukturen geleistet werden, führt die Reform nicht zu Einsparungen, sondern zu einer gleich grossen Verschiebung der Kosten von der AHV auf junge Familien.

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